Krisenkommunikation: Grundsätze für Führungskräfte in Krisensituationen

Krisenkommunikation für Führungskräfte

Coronakrise, Epidemie, Pandemie – große und kleine Organisationen spüren die Auswirkungen der Krise! Die Krise hat Unternehmen unerwartet getroffen. Der Ausbruch des Coronavirus und der daraus resultierende ökonomische und soziale Lockdown stellt die Wirtschaft und die Gesellschaft vor gewaltige Herausforderungen. Worauf Organisationen und Führungskräfte in der aktuellen Ausnahmesituation bei ihrer Krisenkommunikation achten sollten, erläutere ich in diesem Beitrag…

Krise steht für eine existenzbedrohende Situation oder Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung. Krisen sind außergewöhnliche Situationen: ungeplant, ungewollt, sehr dynamisch, bedrohlich und hoch komplex. Sie zeigen kein festes Schema und sind kaum zu kontrollieren. Aber sie sind auch zeitlich befristet. Sie können sich auf Sachverhalte und/oder auf kommunikative Aspekte beziehen, die für die Organisation und ihre Menschen – und gegebenenfalls auch für das Umfeld des Unternehmens – mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden sind.

Ziel der Krisenkommunikation

Krisenkommunikation soll verhindern, dass aus der Krise der Sache auch noch eine Krise der Kommunikation wird. Krisenkommunikation umfasst alle Maßnahmen, um Krisen zu vermeiden, frühzeitig zu erkennen, zu bewältigen und zu verarbeiten. Die wenigsten Organisationen konnten Maßnahmen ergreifen, sich auf die jetzige Krise vorzubereiten. Wir befinden uns – ungewollt – in der Bewältigungsphase.

Aber Vorsicht: Eine schlechte Krisenkommunikation kann das Image Ihrer Organisation auf Jahre hin schädigen. Organisationen benötigen daher zwingend ein intelligentes Krisenmanagement, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und angemessen zu kommunizieren.  

Was bedeutet das für Sie als Führungskraft in einer solchen Krisensituation?

Generell sind Sie als Führungskraft gezwungen, direkt und unter starkem Zeitdruck zu handeln. Sie stehen zudem vor der Herausforderung, die Krisensituation oft nur mit begrenzten Ressourcen bewältigen zu müssen. Weiterhin sind weitreichende Entscheidungen auf der Grundlage unsicherer, ambiger Informationen zu treffen. Vor allem ist es entscheidend, dass Sie strategisch vorgehen, um den Handlungsspielraum Ihrer Organisation zu erhalten. Strategisch bedeutet, dass Sie versuchen, in diesem Umfeld kurz- und langfristige Ziele festzulegen. Zum einen um Schaden zu begrenzen und zum anderen um Vertrauen zu bewahren.

Weiter ist dann zu unterscheiden, ob Sie die Leitung der Unternehmenskommunikation innehaben oder Führungskraft in einem anderen Bereich sind.

Für Sie als Führungskraft der Unternehmenskommunikation

…bedeutet das, dass Sie zuerst eine Kommunikationsstrategie für Ihre Organisation festlegen müssen. Eine erste Orientierung, die richtige Krisenreaktionsstrategie abzuleiten, bietet Ihnen beispielsweise die „Situational Crisis Communication Theory“ (SCCT) nach Coombs mit ihren unterschiedlichen Ergänzungsmöglichkeiten. Beachten Sie hier die individuellen Faktoren Ihrer Organisation und passen Sie das Konzept auf die Spezifika Ihrer Organisation an.

Weil mit der Corona-Krise eine Opferkrise (victim cluster) vorliegt, wird der Organisation selbst keine Krisenverantwortung zugeschrieben, sondern die Organisation ist auch ein Opfer der Krise. Dadurch besteht zunächst ein nur geringes Reputationsrisiko für Ihre Organisation.

Zur Festlegung der Verantwortung und der Reputationsbedrohung Ihrer Organisation müssen weitere Aspekte betrachtet werden. Berücksichtigen Sie hier u.a. die folgenden Punkte:

  • die Krisengeschichte Ihrer Organisation und der Branche (Wie gut hat Ihre Organisation und Branche ihre Interessenvertreter in der Vergangenheit behandelt?),
  • die Management-Geschichte
  • die Art der Erwartungen der Bezugsgruppen Ihrer Organisation und deren Emotionen.

All diese Faktoren beeinflussen die Wahl Ihrer Krisenkommunikationsstrategie.

Kommunikation beeinflusst die Wahrnehmung Ihrer Organisation

Die SCCT geht davon aus, dass die Art und Weise, wie Ihre Organisation mit ihren Bezugsgruppen kommuniziert, die Wahrnehmung der Organisation beeinflusst. Diese Wahrnehmungen können beeinflussen, wie Ihre Bezugsgruppen emotional auf Ihre Organisation reagieren oder sich ihr gegenüber verhalten.

Gute Krisenkommunikation muss deshalb persönlich sein!

Primäres Ziel sollte der Schutz des physischen, psychischen und materiellen Wohls der Zielgruppen sein. Einhergehend mit einer strategischen, ethischen Beeinflussung der Bezugsgruppen, um Vertrauen, Handlungsspielräume und andere strategische Überlegungen zu sichern.

Für Sie als Führungskraft anderer Verantwortungsbereiche

… bedeutet das, dass Sie Informationen über die festgelegte, widerspruchsfreie Strategie der Unternehmenskommunikation brauchen, damit Sie bei allen Zielgruppen oder Stakeholdern, wie es z. B. Ihre Mitarbeiter, Kunden oder Zulieferer sind, Vertrauen in Ihre Organisation bewahren können.

Auch sollten Sie wissen, dass eine Krise immer drei Dimensionen beinhaltet:

  • das reale Ereignis,
  • die Wahrnehmung der Krise und
  • die Krisenbewältigung der zuständigen Organisation.

Um das reale Ereignis zu erfassen, ist es sinnvoll, Krisen zu unterteilen. Nach Coombs gibt es drei Krisentypen: die Opferkrise, die Unfall- oder zufällige Krise und die vermeidbare Krise.

  • Die Opferkrise tritt ein, wenn ein plötzliches und unvorhergesehenes Ereignis von außen auf das Unternehmen einwirkt.
  • Bei einer Unfallkrise ist unvorhersehbares Ereignis in der Organisation eingetreten, wie z. B. ein Betriebsunfall, ein Produktionsfehler o. Ä.
  • Eine vermeidbare Krise hat meist innere, organisationale Ursachen, wie z. B. Produktfehler, Compliance-Verstöße, Fehlverhalten wichtiger Personen o. Ä.

An einer Opferkrise, wie sie jetzt durch das Corona-Virus ausgelöst wurde, trägt die Organisation wenig Verantwortung. Trotzdem haben unterschiedliche Zielgruppen oder Stakeholder – wie z. B. Ihre Mitarbeiter, Kunden oder Zulieferer bestimmte Erwartungen, wie die Organisation mit der Krise umgeht und was sie wie kommuniziert. Dies sollte u.a. auch in die strategischen Überlegungen der Unternehmenskommunikation mit eingeflossen sein, von der Sie ein Briefing erhalten haben.

Wie lauten die Grundsätze der Kommunikation in einer aktuellen Krisensituation?

Generell ist es in einer Krise erforderlich, bei allen Verantwortlichen den gleichen Informations- und Wissensstand herzustellen. Auch müssen Medien und Bevölkerung in Abhängigkeit von der Strategie informiert werden.

Die kommunizierten Inhalte sollten aktuell, informativ, widerspruchsfrei, wahrheitsgemäß und persönlich sein. Generell lautet die Empfehlung: »Schnell, offen und aufrichtig zu informieren – und zwar gegenüber allen Zielgruppen« (Siegfried Schick).

Schaffen Sie eine einheitliche Kommunikationslinie

Krisenkommunikation verfolgt das Ziel einer unverzüglichen, transparenten, sachgerechten und wahrheitsgetreuen Information über Ursachen, Auswirkungen und Folgen der Krise. Ziel ist es, Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu festigen. Sie funktioniert nur, wenn Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klar geregelt sind und die Kommunikationslinie inhaltlich und argumentativ einheitlich ist.

Quellen:

  • Praxishandbuch Unternehmenskommunikation; Dieter Herbst, 2003
  • Interne Unternehmenskommunikation. Strategien entwickeln, Strukturen schaffen, Prozesse steuern; Siegfried Schick, 2010
  • Krisen meistern durch PR – Ein Leitfaden für Kommunikationspraktiker; Dieter Herbst, 1999
  • Crisis management and communications; W. T. Coombs, 2007
  • Protecting organization reputations during a crisis: The development and application of situational crisis communication theory; W. T. Coombs, 2007


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